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Folge 5 – Kinderschutz für alle Kulturen

Münchner Kirchenradio (MKR) / Sankt Michaelsbund veröffentlicht eine Zusammenfassung der fünften Folge des Podcasts:

Ohne Frauen geht beim Kinderschutz nichts. Im Centre for iadc CCP braucht über Quoten nicht diskutiert zu werden. Im Leitungsteam sind sieben von neun Mitarbeitern Frauen. Das ist nicht nur Zufall: Frauen sind leider selbst oft genug Opfer von Missbrauch, in Geschichte und Gegenwart und können deshalb das Problem besonders gut verstehen. Zum Beispiel ist es eine promovierte Philosophin, Dr. Alessandra Campo, die in Zusammenarbeit mit Ansprechpartnern und Institutionen aus aller Welt die Schulungsprogramme des katholischen Kinderschutzzentrums entwickelt. Tatsächlich absolvieren am CCP mehr Frauen als Männer die mehrmonatige Diplom-Ausbildung oder das zweijährige Lizenziat in Safeguarding, in der sie theoretische und praktische Kompetenzen  für den Schutz vor Missbrauch  erwerben. Das entspricht auch den Beobachtungen des CCP-Präsidenten Pater Hans Zollner auf seinen weltweiten Vortragsreisen: „Wo eine Veranstaltung zum Thema Missbrauch offen ausgeschrieben wird, sind zwei Drittel bis drei Viertel der Teilnehmenden Frauen.“ Egal, in welchem Land. Frauen hätten zum einen eine größere Nähe zu den Betroffenen, vermutet der Präventionsexperte: „Und auf der anderen Seite tun sich Männer grundsätzlich schwerer über ihre Grenzen und Fehler sowie über Sexualität zu sprechen.“ Zudem sind es vor allem Männer, die zu Missbrauchstätern werden. Ebenso schwierig ist es, in den unterschiedlichen Kulturen und ihrem jeweiligen Verständnis von Macht und Kritik den Schutz vor Missbrauch zu verankern. Deswegen entwickelt das CCP Programme, Kurse und Ausbildungsmöglichkeiten, die an die verschiedensten Kontexte angepasst werden können. Besonders Frauen sind dafür entscheidende Vermittler, weshalb das CCP mit zahlreichen Dozentinnen aus den verschiedensten Kontinenten zusammenarbeitet. Die Ausbildungsinhalte werden weitgehend digital vermittelt. Die Absolventinnen und Absolventen der Studiengänge am CCP sind danach häufig Präventionsbeauftragte in ihren Diözesen oder Orden, aber auch in Behörden oder für Schulen. Vor allem müssen sie Bilder und Formeln finden, die Kinder als Warnung vor Missbrauch verstehen und entsprechend handeln können. Pater Zollner illustriert das am Beispiel eines afrikanischen Dorfes. Dort ist die Redewendung üblich geworden: „Geh nicht zu dem Mann, der die Ziegen mag.“ Das heißt: er benützt rücksichtslos Tiere wie Menschen, um seine Bedürfnisse auszuleben. Das direkte Ansprechen von Missbrauch fällt fast allen Gesellschaften, europäischen wie nichteuropäischen schwer. „Zudem müssen wir immer mehr lernen, dass Begriffe und Bilder, von denen wir meinen, dass sie doch eindeutig sind, anderswo anders verstanden werden.“, erläutert Pater Zollner.

Es genügt also nicht, wörtlich zu übersetzen. Es geht um die Fähigkeit Worte für Dinge zu finden, damit Menschen über das reden können, was normalerweise tabu ist, ohne zu verletzen. „Das gelingt nur, wenn man das Thema nicht nur mit dem Gehirn, sondern mit dem ganzen Herzen angeht“, erklärt Hans Zollner. Erst dann könne ein “Mentalitätswandel ausgelöst werden“. Hat der begonnen und zu einem klaren Vorgehen geführt, zeigt die Prävention Wirkung und die Missbrauchsvorwürfe gehen drastisch zurück. Pater Zollner nennt dazu auch Zahlen: „Zurzeit gibt es in den 200 US-amerikanischen Diözesen pro Jahr zwischen zehn und zwölf neue Anzeigen von sexueller Gewalt.“ Für die 1980er Jahre hatten sich hingegen tausend Anschuldigungen pro Jahr feststellen lassen. „Aber die Bischöfe in den USA sind dann auch sehr strikt vorgegangen.“ Trotzdem werde die Arbeit des CCP noch lange dauern, auch weil der Missbrauchsbegriff immer weiter gefasst werden muss. „Wir entdecken immer mehr den geistlichen Missbrauch, in dem religiöse Macht eingesetzt wird, um verschiedenste Vorteile zu erlangen.“ Die müssen nicht immer sexueller Natur sein, führen aber immer zu einer Unterdrückung oder Entmündigung des Gegenübers.