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Endlose Schuld als Katalysator!?

“Endlose Schuld als Katalysator”, so lautete der Titel der Fachtagung, die Katholische Akademie des Bistums Dresden-Meißen in Kooperation mit dem Caritasverband der Diözese am 16. November in Dresden veranstaltet hatte. Den Auftakt der Fachtagung bildete die Vorführung des Films „Spotlight“ mit anschließender Podiumsdiskussion im Programmkino Ost. Zusammen mit der Dr. Christine Bergmann, Mitglied der Unabhängigen Kommission zur Aufarbeitung sexuellen Kindesmissbrauchs, war ich als Expertin zur Podiumsdiskussion sowie zur Fachtagung geladen.

Bereits im Rahmen der Filmvorführung und der anschließenden Diskussion zeigte sich, wie sehr das Thema sexueller Missbrauch im kirchlichen Kontext, die jüngst veröffentlichten Ergebnisse der MHG-Studie und die Frage nach einem besseren Schutz von Kindern in kirchlichen Institutionen die Teilnehmer aufgewühlt, verunsichert und verärgert hatte, und, wie viele Fragen sich daraus ergeben haben. Der Fokus der Fachtagung selbst war auf irritierte Systeme, die Gefahr der Traumatisierung der gesamten Institution sowie die Notwendigkeit einer nachhaltigen Aufarbeitung gerichtet. Insgesamt nahmen über 30 Personen aus unterschiedlichen Berufsgruppen teil (bspw. Ärzte und Psychotherapeuten, Psychologen, Theologen sowie Lehrer und Erzieher); darunter auch zahlreiche Mitarbeiter des Bistums, der Caritas oder Vertreter der regionalen und überregionalen Medien.

In meinem ersten Vortrag am Vormittag ging ich zunächst auf einige Ergebnisse der MHG-Studie ein und stellte diese in Bezug zu Studien aus anderen Ländern – wie den USA oder Australien. Anschließend berichtete Dr. Christine Bergmann über die Arbeit der Unabhängigen Kommission und die Bedeutung der Aufarbeitung in Kirche und Gesellschaft. In der darauffolgenden Mittagspause kam es zu vielen interessanten Gesprächen und lebhaften Diskussion, die auch am Nachmittag fortgeführt wurden. z.B. über konkrete Anliegen wie den Umgang mit Verdachtsfällen oder die Sensibilisierung von Mitarbeitern und Kollegen, aber auch um „institutionelle Fragen“ wie die Priesterausbildung, den Zölibat und das traumatisierte System Kirche. Der zweite Teil der Tagung wurde durch einen Vortrag von Dr. Steffen Glathe, Psychotherapeut und Ansprechpartner der Diözese, zum Thema psychodynamische und personale Aspekte sexuellen Missbrauch in der Katholischen Kirche als Institution, eröffnet, wobei er u.a. auf die Traumatisierung der Betroffenen, aber auch die Traumatisierung von Institutionen einging. In meinem zweiten Beitrag ging es anschließend darum die Bedeutung der Präventionsarbeit zu unterstreichen und anhand von internationalen Beispielen zu zeigen, wie Präventionsarbeit gelingen und wo Prävention in der Katholischen Kirche Vorbild werden kann. Auch die beiden Workshops, die Dr. Glathe und ich am späteren Nachmittag angeboten hatten, stießen auf großes Interesse seitens der Teilnehmer, so dass ein weiteres Mal deutlich wurde, dass es eines „mehrs“ bedarf: Mehr Möglichkeiten des Austauschs, mehr Präventionsbeauftrage und mehr Präventionsschulungen, mehr Bereitschaft zur bedingungslosen Aufarbeitung und Transparenz, mehr Kooperation mit anderen (staatlichen und kirchlichen) Einrichtungen; und, mehr Engagement und Leidenschaft, um das Thema Kinderschutz zu einem Hauptanliegen in Kirche und Gesellschaft machen.