Folge 8: Rücktrittsgesuch von Kardinal Marx
Münchner Kirchenradio (MKR) / Sankt Michaelsbund veröffentlicht eine Zusammenfassung der achte Folge des Podcasts:
Präventionsexperte Zollner: Bild einer makellosen Kirche ist Irrlehre
Der Leiter des katholischen Kinderschutzzentrums CCP in Rom sieht im Rücktrittsgesuch von Kardinal Marx und dessen Ablehnung durch den Papst ein Signal für ein sich änderndes Kirchenbild.
München/Rom - Der Präventionsexperte Pater Hans Zollner vom Centre for Child Protection (CCP) in Rom hat jede Woche mit vielen Menschen aus allen Kontinenten zu tun. Und kaum jemand hat den gebürtigen Bayern nicht auf das Rücktrittsangebot des Münchner Kardinals Reinhard Marx angesprochen. Dessen Gesuch sei überall auf Überraschung und viel Respekt gestoßen, berichtet der Jesuit in der aktuellen Folge des Podcasts Würde.Leben: „Denn der Schritt von Kardinal Marx läuft ja allem zuwider, was man sonst von Kirchenleuten mitbekommt, nämlich, dass sie sich an ihre Stühle klammern und keine Konsequenzen ziehen, die in anderen Bereichen gang und gäbe sind.“ Zudem erfolgte die Bitte des Kardinals auf Amtsverzicht nicht unter öffentlichem Druck oder einer aktuellen Anschuldigung von Vertuschung. Dass Papst Franziskus den angebotenen Rücktritt nicht angenommen hat, zeigt laut Pater Zollner eindeutig, dass er Kardinal Marx sehr schätzt, aber auch in der weiteren Aufarbeitung des Missbrauchsskandals viel von ihm erwartet: „Es ist auch in München eine Untersuchung der Fälle aus den vergangenen Jahrzehnte unterwegs, und der Kardinal wird die Spannungen, die dann unweigerlich auftreten werden, aushalten müssen.“ Das werde auch für die zukünftige Vorbeugung von sexualisierter Gewalt, aber auch anderen Missbrauchsformen von Bedeutung sein: „Präventionsarbeit funktioniert nur, wenn ich weiß und anerkenne, was in der Vergangenheit schiefgelaufen ist.“ Entscheidend sei dabei auch, verbindliche Formen zu finden, wie Betroffene in den Aufarbeitungsprozess und in die daraus sich ergebenden Konsequenzen eingebunden seien. Das Rücktrittsgesuch des Kardinals und der Antwortbrief des Papstes zeigten zudem, dass entscheidende Begriffe „in den kirchlichen Sprachgebrauch eingedrungen sind, beide sprechen etwa von institutionellem und systemischen Versagen“. Damit sei diese Einschätzung nun gesetzt. Verbunden mit dem Rücktrittsangebot des Münchner Kardinals müssten sich jetzt auch andere Bischöfe mit möglichen persönlichen Konsequenzen auseinandersetzen. Missbrauchsbetroffene, „die sich so oft von Kirchenvertretern abgewertet fühlen“ sollten im persönlichen Umgang zudem endlich erfahren, dass ihnen nun anders, „mit Empathie und Respekt“ zugehört werde. Damit seien auch entscheidende Veränderungen im Selbstbild der Kirche verbunden: „Es stimmt nicht, dass die Kirche eine absolut makellose Institution ist und deren Vertreter damit automatisch sündlos sind.“ Das entspreche nicht dem Evangelium „und ist tatsächlich eine Häresie, eine Irrlehre, denn alle Menschen sündigen“ und sind auf die Gnade Gottes angewiesen. Die Vorstellung einer perfekten Kirche habe weder etwas mit der Wirklichkeit noch mit dem Glauben zu tun: „An diesem Selbstbild zu kratzen, scheint auch heute noch für viele eine unmögliche Aufgabe zu sein.“ Das Rücktrittsgesuch von Kardinal Marx sei in diesem Zusammenhang ein wichtiger Moment, der entsprechende Entwicklungen bestätige und stärke. Die sieht Präventionsexperte Zollner besonders auf seinem Fachgebiet. Allein in den vergangenen Wochen seien an den katholischen Universitäten im kroatischen Zagreb, im ukrainischen Lemberg und im peruanischen Lima neue wissenschaftlich arbeitende Kinderschutzzentren gegründet worden, berichtet er in der neuen Folge de des Podcasts Würde.Leben. Diese gingen auf die Zusammenarbeit mit dem CCP zurück und würden von deutschen Hilfswerken wie dem Kindermissionswerk / Die Sternsinger oder Renovabis mitfinanziert. „The network is growing, das Netzwerk gegen Kindesmissbrauch wächst, damit die Menschen in der Kirche sicher leben können“, so Pater Zollner.
Der Podcast Würde.Leben des CCP wird vom katholischen Medienhaus Sankt Michaelsbund produziert. Er ist auf der Internetseite mk-online.de zu finden und auf allen gängigen Podcastplattformen wie Spotify oder Deezer zu finden.